Hallo zusammen,

wollte mal nachfragen ob seit der Zulassung von Dupilumab, Anfang des Jahres, schon jemand Erfahrung damit hat.
Ich hatte mal sehr schlechte mit Jorveza und gucke seit dem nach Alternativen. Ansonnsten halt wieder Jorveza =)

Guten Rutsch an alle und LG Ben

Ich selbst habe es noch nicht genommen, aber habe sehr viele Patientenberichte aus den USA gelesen.

Grundsätzlich ist Dupilumab ein monoklonaler Antikörper, der biotechnologisch hergestellt (Biologikum) wurde. D.h. anders als herkömmliche Medikamente handelt es sich nicht um ein einzelnes Molekül, sondern um ein komplexes Protein. Monoklonal bedeutet, dass die Antikörper von einer einzigen Zelllinie produziert werden, die wiederum auf einem B-Lymphozyten basiert. Antikörper sind normalerweise ein Teil der spezifischen Immunabwehr und haben die Fähigkeit als schädlich identifizierte Stoffe (sogenannte Antigene) für andere Immunzellen zu markieren und unschädlich zu machen. Die Pharmaindustrie hat sich diesen Mechanismus zunutze gemacht und künstliche Antikörper produziert, die spezifisch an bestimmte Zielstrukturen (Epitope) binden.

Im Fall von Dupilumab ist die Zielstruktur der Interleukin-4 Rezeptors (IL-4Ra, CD124), wodurch die Interleukine 4 und 13 blockiert werden. Interleukine sind einfach gesagt Botenstoffe des Immunsystems. Durch diese Blockade wird ein zentraler Mechanismus in der sogenannten Typ-2-Inflammation verhindert. Diese Typ-2-Inflammation ist normalerweise für die Abwehr gegen Helminthen (parasitäre Würmer) gedacht. Es wird vermutet, dass durch die Hygiene Wurminfektionen in der westlichen Welt so selten geworden sind, dass sich die Typ-2-Inflammation andere Ziele gesucht hat. Diese Ziele sind Allergene, weshalb die Typ-2-Inflammation auch die Ursache für Allergien und allergische Erkrankungen ist. Dupilumab reguliert also komplett die Fähigkeit des Körpers herunter auf Allergene zu reagieren. Deshalb wirkt Dupilumab auch nicht nur bei EoE, sondern auch bei atopischer Dermatitis (Neurodermitis), Asthma und chronischer Sinusitis mit Nasenpolypen.

Da Dupilumab wie gesagt ein Protein ist, kann man es nicht oral einnehmen, da Proteine von der Magensäure denaturiert/verändert werden. Das bedeutet, dass man sich Dupilumab subkutan (unter die Haut) injizieren muss. Die Injektion erfolgt hier alle 1-2 Wochen in den Oberschenkel oder etwa 5 cm entfernt um den Bauchnabel herum. Laut Erfahrungsberichten ist die Injektion sehr schmerzhaft, insbesondere in den Oberschenkel. Es empfiehlt sich daher die Spritze am Vorabend vor der Injektion aus dem Kühlschrank zu nehmen und evtl. ca. 30 Minuten vor der Injektion in die Hosentasche zu stecken, damit sie Körpertemperatur erreicht. Die manuelle Spritze soll zudem nicht so schmerzhaft sein wie der Autoinjektor, da der Autoinjektor die Flüssigkeit sehr schnell injiziert.

Bis Dupilumab bei EoE wirkt können bis zu 6 Monate vergehen. Da Dupilumab aber systemisch, also im ganzen Körper wirkt, werden auch alle allergischen Baustellen im Körper mit behandelt. Laut den Erfahrungsberichten aus den USA wirkt Dupilumab sehr gut und ist zudem sehr gut verträglich. Ich habe aber häufig davon gelesen, dass in den ersten Wochen evtl. Gliederschmerzen, Müdigkeit etc. auftreten können, was sich dann jedoch wieder legt. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Reaktionen an der Einstichstelle (Schmerz, Schwellung, Nesselsucht) und Reaktionen am Auge (Hornhautentzündung, Lidrandentzündung). Letztere kann man dadurch erklären, dass das Auge schon im Normalzustand sehr schlecht durchblutet ist und nur relativ schwach gegen Fremdstoffe geschützt ist. Wenn dann noch das Immunsystem runtergefahren wird, ist das Auge noch etwas schlechter geschützt. Hierbei ist allerdings das Bemerkenswerte, dass die Nebenwirkungen am Auge meines Wissens nach fast ausschließlich bei Patienten mit atopischer Dermatitis auftreten. Ein EoE-Patient sollte also hiervon komplett verschont bleiben.

Guten Rutsch und liebe Grüße!

Guten Tag.
Interessant. Weißt du auch, wie die Wirkung bei EoE überprüft wird? Wo kommt der Hinweis auf 6 Monate her? Kennst du da auch Studien zu?

Nichts zur Studie, aber hier mal ein Video, was das mit der Typ-2-Inflammation gut erklärt:
https://www.typ2-inflammation.de/eoe/typ-2-inflammation

Und hier auch nochmal aus dem Digipat: https://youtu.be/QVZrcx50F9c?si=N9fvOPSSzbpVsQHI&t=2664

Hier wird die Studie erklärt: https://youtu.be/QVZrcx50F9c?si=f3JFniIbt_OjosAf&t=2738

Sehr interessant das Ganze und ich will hier nicht schwarzmalen, aber in Zeiten leerer Kassen (überall) werden die Krankenkassen einer Behandlung mit Dupilumab kaum zustimmen, wenn die Ärzte bereits nach kurzer Zeit der Verschreibung von Budesonid "einknicken". Biologika passen da kaum ins Budget - die Kosten sind tatsächlich enorm!

Hatte gerade einen Artikel über Medikamente von selteneren Krankheiten gelesen, die von der Herstellern oft wieder vom Markt genommen werden, weil die Kassen nicht für die kraß hohen Kosten (sechsstellige Jahressummen/Patient bei Krebs sind da "normal") aufkommen wollen/können. Die Patientenzahlen sind einfach zu gering, als daß sich die Herstellung für die Pharmakonzerne dann noch lohnt. Bitter für den Einzelnen!

Wobei Dupilumap bei allergischem und itrinsischem Asthma schon etabliert zu sein scheint. Aber es ist leider ja auch eine dauerhafte Anwendung erforderlich

Oh vielen dank für diese ausführliche und informative Antwort =)

die Zulassung hat dieses Medikament schon bin durch einen Artikel in der Pharmazeutischen Zeitung drauf aufmerksam geworden.

Yepp, die Zulassung ist schon ein kleines Weilchen durch, hatten wir HIER schon besprochen 😉. Nur leider scheint niemand der hier Anwesenden davon zu profitieren...

ja stimmt xD

aber war bei Jorveza damals das selbe, habe die Studien Phase verfolgt und als die Zulassung durch war wusste der Hausarzt nicht mal was das ist (ist aber okay er kann ja nicht über alle neuen Fachmedikamente bescheid wissen) und der Gastroenterologe hats mir erst auf Nachfrage verschrieben, und musste erst noch Rücksprache mit der Krankenkasse halten, was mir auch irgend wie sagte das er damals noch nicht auf dem neusten stand war.

vielleicht müssen wir da auch erst selber nach haken, hmmm.

ja, das müssen wir, deswegen sind wir ja hier. EoE zählt immer noch zu den eher selteneren Erkrankungen. Auch unter den Gastroenterologen.
Junge Ärzte, deren Unizeit noch nicht so lange her ist, die kennen den Begriff zumindest sofort, aber deswegen wissen sie noch nicht auswendig, was in der Leitlinie steht.
Deswegen, in der Leitlinie steht, Biologika nur dann, wenn Eli, PPI oder Jorveza nicht helfen. Wer es trotzdem verschrieben bekommt, ist vielleicht auch in einer guten Krankenkasse, die nicht in Regress gehen. Oder der Arzt verwurschtelt das irgendwie anners. Lasst Euch mal Euern Auszug der letzten 18 Monate von eurer Krankenkasse geben. Da fragste Dich schon, wann das alles stattgefunden haben soll, während Deines Arztbesuchs.
Man muss vor allem mal das System dahinter verstehen. So wie Tine das auch sagt. Am Ende sind das alles Wirtschaftsunternehmen. Es kann auch wieder in die andere Richtung gehen.
Das ist das harte Los der seltenen Erkrankungen.